01—Geschäftsgebäude

Um- & Zubau eines Gebäudes aus der Zwischenkriegszeit
Gratkorn, Graz-Umgebung (2020–2023)

Wiederbeleben durch Weiterbauen

Das Projekt in Gratkorn – einer sowohl industriell als auch landwirtschaftlich geprägten Gemeinde nördlich von Graz – transformiert ein ehemaliges Geschäfts- und Wohnhaus der Zwischenkriegszeit zu einem neuen städtebaulichen Bezugspunkt. Umbau und Erweiterung stehen exemplarisch für ein Weiterbauen, das Maßstab, Material und Atmosphäre des Ortes aufnimmt, um die verwaiste Ortsmitte zu beleben und ihre Identität neu zu fassen.

Im Schatten des zwei Quadratkilometer großen Papierwerks mit rund 2.000 Beschäftigten setzt das Gebäude an der zentralen Kreuzung der Ortsstraßen ein präzises architektonisches Gegengewicht. Die Erweiterung formuliert eine markante neue Ecke als städtebauliches und architektonisches Motiv – ein pars pro toto, das dem vormals diffusen Ort eine klare Lesbarkeit verleiht.

Grundstücksgrenzen und Bebauungsvorschriften führten zu einem verzogenen Grundriss und gestaffelten Baukörper, dessen kleinteiliger Fassadenrhythmus sich an ältere Geschäftsgebäude an der Hauptstraße anlehnt . An der Nahtstelle von Alt und Neu entsteht ein Spiel aus Materialkontrasten, Farben und Oberflächen: Die Aluminiumwelle greift den Industriebezug auf, verkleidet jedoch den Altbau. Putz und Fassadenschmuck des geziegelten Neubaus knüpfen an die straßensäumenden Geschäftsgebäude an. Hier trifft – im Schatten der Papierfabrik – industrielle Robustheit kontraintuitiv auf lokale bzw. örtliche Bautradition.

Im Inneren bieten zwei großzügige, hallenartige Räume flexibel nutzbare Flächen für Gastronomie, Handel oder Dienstleistungen. So kann das Haus zu einem „dritten Ort“ werden – zu einem sozialen Treffpunkt jenseits der autozentrierten Infrastrukturen von Tankstellen, Einkaufszentren und Gewerbeparks, die das Grazer Umland prägen.

Ein Parkplatz auf der Rückseite ist für die Wirtschaftlichkeit unverzichtbar, doch stärkt das Projekt zugleich die Aufenthaltsqualität vor Ort: sorgfältig gestaltete Fassaden, gepflasterte Außenbereiche und direkte Anbindung über Fuß- und Radwege an Gemeindeamt, Schule und öffentliche Einrichtungen binden es in das lokale Netz ein.

Das neue Eckgebäude fungiert als urbanes Gelenk, das fragmentierte Ränder verbindet und ein zeitgenössisches Identitätsangebot formuliert – ein Weiterbauen, das Geschichte, Gegenwart und Kontext architektonisch verwebt und den Ort mit neuer Präsenz auflädt.

(Close)

01—Commercial Bldg
Gratkorn, Greater Graz (2020–2023)

Continuity as Renewal

In Gratkorn—a municipality shaped equally by industry and agriculture north of Graz—this project transforms a former interwar shop-and-residence into a new urban point of reference. The conversion and extension exemplify a mode of Weiterbauen—continued building—that takes up the scale, material, and atmosphere of its surroundings to reanimate the vacant town centre and reframing its identity.

In the shadow of the two-square-kilometre paper mill employing some 2,000 people, the building establishes a precise architectural counterpoint at the main crossroads. Its extension forms a striking new corner as both an urban and architectural motif—a pars pro toto that lends legibility to what was previously a diffuse and undefined place.

Constrained by property boundaries and building regulations, the plan is subtly skewed and the volumes staggered, their fine-grained, locally typical proportions rhythmically structuring the façades. At the juncture of old and new, a play of material contrasts emerges: aluminium corrugation, recalling the industrial setting, unexpectedly clads the historic structure, while plaster and ornamental detailing of the new brick volume echo the street-facing commercial buildings nearby. Here—beneath the paper mill’s looming presence—industrial robustness meets local building tradition in a counterintuitive dialogue.

Inside, two generous, hall-like spaces offer flexible possibilities for gastronomy, retail, or services. The building thus has the potential to become a “third place”—a social meeting point beyond the car-centred infrastructures of petrol stations, shopping centres, and business parks that dominate the Graz periphery.

A parking area to the rear is essential for economic viability, yet the project simultaneously enhances the quality of public space: carefully articulated façades, paved outdoor areas, and direct pedestrian and cycling connections to the municipal offices, school, and public amenities integrate it into the local network.

This new corner building acts as an urban hinge, linking fragmented edges and offering a contemporary identity for the town—a continued building that weaves together history, present, and context into an architectural presence that recharges the place with new vitality.

Architekt Andreas Lechner

staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker